Studie „Tracking-based Advertising”: KMUs wollen Tracking – oder?

Kaum hatte die EU-Kommission ihre Pläne für DMA (Digital Markets Act) und DSA (Digital Services Act) im Dezember 2020 verkündet, setzte Google seine Lobbyisten in Marsch. Unter anderem sollte das auf Tracking, Profiling und Werbung beruhende Geschäftsmodell (Stichworte: Behavioural Targeting, #SurveillanceAdvertising) der Alphabet-Tochter durch die neue Verordnung nicht geschwächt werden.

Ein gern vorgebrachtes Argument der Google-Lobbyisten „pro Tracking“: Die durch individuelles Profiling generierte und mit Microtargeting ausgespielte Werbung sei notwendig für das Überleben kleiner und mittlerer Unternehmen in Europa. Diese würden darauf nicht verzichten wollen.

Das Gegenteil scheint der Fall zu sein, wie eine aktuelle Erhebung unter kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland und Frankreich zeigt. Die befragten Geschäftsinhaber:innen sind mit den Methoden der Tracking-basierten Werbung nicht zufrieden, haben ethische Bedenken und wünschen sich Alternativen.

Die Umfrage fand im Auftrag von Amnesty International und Global Witness statt. Dafür befragte YouGov über 600 Geschäftsinhaber:innen in Deutschland und Frankreich.

Hier ein paar Ergebnisse:

  • Drei Viertel der befragten kleinen und mittleren Unternehmen sind der Meinung, dass Tracking-basierte Werbung das Recht auf Privatheit und andere Menschenrechte verletzt.
  • Tech-Riesen sollten bei der Verwendung personenbezogene Daten für Werbezwecke strengeren Vorschriften unterliegen, sagen knapp 79 Prozent der Befragten.
  • Die Geschäftsinhaber:innen sind mehrheitlich überzeugt, dass ihre Kund:innen sich nicht wohlfühlen, wenn sie gezielte Online-Werbung erhalten auf Basis ihrer ethnischen Zugehörigkeit (62 Prozent), sexuellen Orientierung (66 Prozent), Gesundheit (67 Prozent), religiösen oder politischen Einstellungen (65 Prozent), persönlicher Lebensereignisse wie Schwangerschaft, Trauerfall, Scheidung (62 Prozent) oder ihres Online-Verhaltens (z. B. Suchverlauf, besuchte Websites, getätigte Käufe, 60 Prozent).

Warum die Tracking-basierte Werbung bei Google und Facebook dennoch boomt? Die Unternehmen leiden unter einem Mangel an Alternativen: 69 Prozent der befragten Unternehmer:innen gaben an, dass die Marktdominanz von Facebook und Google ihnen keine Wahl lässt, als auf deren Werbedienste zurückzugreifen.

Ganz klar eine Chance für andere Modelle und Anbieter, die ohne Profiling und Microtargeting arbeiten. Ein Grund mehr, schon jetzt auf nicht-trackende Browser und Suchmaschinen zu setzen und ihnen so mehr Reichweite zu verleihen. – Wir als Open Search Foundation sehen darin eine Bestärkung in unserer Mission, gemeinwohlorientierte Alternativen zu fordern und zu fördern.

Die YouGov-Umfrage wurde am Montag (17. Januar 2022) veröffentlicht. Weitere Infos gibt es bei Amnesty International und bei Global Witness. Details im Studienband D und Studienband F.