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Jedes Mal, wenn wir im Internet suchen oder surfen, findet hinter den Kulissen eine Auktion um unsere Aufmerksamkeit statt. Das Ganze dauert Millisekunden, nennt sich „Real Time Bidding“ (RTB) und ist eine der Einkommensquellen von Google & Co.

Your Online Attention, Bought in an Instant“ titelte die New York Times bereits 2012. Damals machten die datenbasierten Echtzeitauktionen nur einen kleinen Teil der Online-Anzeigenverkäufe aus. Heute ist daraus ein 117-Milliarden-Dollar-Business geworden, das den finanziellen Erfolg von Google und anderen Unternehmen befeuert.

Klar ist, dass wir vermeintlich kostenlose Dienste mit unseren Daten bezahlen. Aber was bedeutet das konkret? Von wem werden unsere persönlichen Daten weitergereicht? Und wo landen sie? Die Bürgerrechtsorganisation Irish Council for Civil Liberties (ICCL) hat den Umfang von Real Time Bidding jetzt kalkuliert und kommt zu dem Schluss, dass es sich um einen „epischen Datenverstoß“ handelt.

Worum geht’s?

Beim Real Time Bidding ersteigern Werbenetzwerke für ihre Kunden in einer Auktion Anzeigenplätze im Netz. Das Ganze geht in Millisekunden über die Bühne. Die Anzeigen erscheinen sofort im Umfeld des Suchergebnisses.

Über 178 Billionen* Mal pro Jahr passiert ungefähr das Folgende:

  • Ein Werbeplatzanbieter, beispielsweise Google, stellt aus unterschiedlichen Quellen in Echzeit ein Datendossier über die suchende Person und ihre Online-Aktivitäten zusammen. Die Daten enthalten beispielsweise Informationen über das Gerät, über die Suchhistorie, zuvor besuchte Websites und deren Inhalt sowie Details über den Standort.
  • Dieses Dossier sendet der Anbieter an potenzielle Werbetreibende bzw. deren Mittlernetzwerke.
  • Der Meistbietende kann nun auf der ersteigerten Werbefläche mit Hilfe des Datendossiers ganz gezielt die Werbung ausspielen, die besonders gut zum Betrachter oder der Betrachterin passt („targeted behavioural Advertising“).

Die Zahlen sehen laut ICCL-Bericht so aus:

  • Auf europäische Nutzer:innen entfallen jährlich rund 71 Billionen „Datenlecks“.
  • Täglich wird im Rahmen von RTB in Europa 197 Milliarden Mal geteilt, was wir gerade online ansehen und wo wir uns dabei befinden.
  • Dem ICCL zufolge ist Google der größte Erzeuger solcher Datenübertragungen. Allein in Europa überträgt Google rund 42 Milliarden Mal pro Tag persönliche Daten an 1.058 Unternehmen (erstaunlicherweise sind es in den USA „nur“ 31 Milliarden, dafür aber 4.698 Unternehmen).
  • Über das Online-Verhalten deutscher Internetnutzer erzeugt Google pro Minute rund 19,6 Millionen „Data Broadcasts“.

Was heißt das für uns persönlich?

In Europa werden die Daten eines durchschnittlichen europäischen Nutzers 376 Mal am Tag an Drittunternehmen weiterleitet. Sind wir in Deutschland online, werden wir ungefähr einmal pro Minute getrackt.

Was ist so schlimm daran?

Bürgerrechtler vom ICCL und auch einige Datenschutzbehörden argumentieren, dass das Real Time Bidding in seiner jetztigen Form gegen die Datenschutz-Grundverordnung verstößt. Dort ist festgeschrieben, dass personenbezogene Daten rechtmäßig und nach Treu und Glauben zu verarbeiten sind. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist auf ein Minimum zu beschränken. Gegen diese Prinzipien würde beim RTB massiv verstoßen.

Knackpunkte sind zum Beispiel:

  • Unternehmen wie Google und Bing und Betreiber anderer Dienste senden unsere zum Teil sehr persönlichen Daten an Unternehmen rund um den Globus, auch nach Russland und China.
  • Einmal versendet, gibt es keine Möglichkeit, die Verwendung von RTB-Daten einzuschränken oder zu kontrollieren. Es ist unmöglich zu steuern, was die Dritt-Unternehmen mit unseren Daten tun oder an wen sie sie weitergeben. Das wirft Fragen zur Sicherheit und Aufbewahrung dieser Daten auf.
  • Aus den Daten können detaillierte Profile erstellt werden. So nutzten Datenmakler sie beispielsweise, Black-Lives-Matter-Demonstrierenden zu profilieren.
  • Die Weitergabe dieser personenbezogenen Daten an Dritte erfolgt, ohne das Risiko dieser Gegenparteien ordnungsgemäß zu bewerten und zu beseitigen.
  • Und: Kein User hat jemals ausdrücklich in diese Praxis eingewilligt.

Fazit des ICCL: Real Time Bidding sei eine Bedrohung unserer Grundrechte und gefährde unsere Demokratie. „Jeden Tag verfolgt die RTB-Industrie, was Sie sich ansehen, egal wie privat oder sensibel, und zeichnet auf, wohin Sie gehen. Dies ist die größte Datenpanne, die je verzeichnet wurde“, sagt Dr. Johnny Ryan vom ICCL. „Konservative Schätzung: Google macht das Milliarden Mal, jeden Tag.“

 

*(die Zahlen gelten für die USA und Europa; und nein, es ist kein Übersetzungsfehler, es sind tatsächlich „Trillions“ im Original!)

Der Report ist auf der Website des ICCL zu finden. Ganz unten findet Ihr auch ein informatives Video mit Dr. Johnny Ryan.

Lest hier den Wikipedia-Artikel über Real Time Bidding. Weitere Artikel zum ICCL-Bericht findet Ihr zum Beispiel bei der Zeit, T3N, Deutschlandfunk Nova, der BBC und einen sehr lesenswerten Kommentar bei Bloomberg.

Videostatement über Europäische Souveränität und die Open Search Foundation

Stefan Muhle, Digitalstaatssekretär in Niedersachsen

Transskript des Videos:

„Wir können in den letzten Jahren eine sehr starke Monopolisierung im Bereich des Internets feststellen. Und das gilt auch für Internet-Suchmaschinen. Wenn wir ehrlich sind ,nutzen wir fast alle immer nur einen Zugang zu Informationen. Und ich bin der festen Überzeugung, dass diese Monopolisierung, diese Kanalisierung, Informationen nur auf einem Weg zu bekommen, Insgesamt der Wissenschaft nicht gut tut und der freiheitlichen Demokratie auch nicht.

Die Open Search Foundation entwickelt praktisch ein Gegenmittel gegen diese Monopolisierung. Sie setzt sich ein für den freien Zugang und das basierend auf europäischen Werten. Das ist etwas, was wir versuchen von Niedersachsen aus zu unterstützen. Wir wollen Partner dieser Bewegung sein.

Wir brauchen mehr Europäischen Markenkern in der Digitalisierung.

Unser digitaler Weg in Niedersachsen hat uns sehr schnell mit der Open Search Foundation In Verbindung gebracht, weil das Thema Suchmaschine eigentlich im Kern schon ein ur-niedersächsisches Thema ist. Ich Verweise gerne auf die Suchmaschine MetaGer, auf Suma oder auf die Aktivitäten der Ostfalia. All das sind Verbündete und Aktivisten, die sich jetzt auch bei der Open Search Foundation engagieren.

Was wir brauchen, ist eine transparente und faire Websuche. Wir brauchen freien Zugang zu Informationen. So können wir Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft bestmöglich unterstützen. Und ich bin der festen Überzeugung, dass aus diesem Projekt auch die Basis erwachsen kann für mehr digitale Services, für Forschungsprojekte, für Aktivitäten in Wissenschaft und Hochschule insgesamt. Es wird Zeit, dass wir die digitale Vielfalt und unsere digitale Souveränität zurückgewinnen. Die Open Search Foundation leistet dazu einen ganz wesentlichen Beitrag.“

 

„Stefan Voigt und seine Mitstreiter wollen all das besser machen, wofür der Suchmaschinen-Riese Google ein der Kritik steht. Nämlich durch ein De-Facto-Monopol unseren Blick auf die Welt zu bestimmen und zu verengen.“

Beitrag des „IQ – Magazin“ des Bayerischen Rundfunks über Suchmaschinenmonopole. Neben Stefan Voigt von der Open Search Foundation kommt auch Suchmaschinenexperte Dirk Lewandowski zu Wort.

Das ganze Interview in der Sendung “IQ Magazin” (Bayerischer Rundfunk) – los geht es ab Minute 17:12:
https://www.br.de/mediathek/podcast/iq-magazin/covid-19-und-afrika-gefahr-durch-superspreader-initative-gegen-suchmaschinen-monopol/1798465

Prof. Dr. Alexander Decker, Mitgründer und Co-Vorstand der Open Search Foundation e.V., über Ideen und Perspektiven von Open Search.

Die ganze Sendung könnt Ihr auf Bayern2 in der Sendung “Zündfunk” hören:
https://www.br.de/nachrichten/netzwelt/europaeische-wissenschaftler-wollen-google-monopol-brechen,S0NxeCL

„Googles Lobby-Netzwerk aufdecken“

Lobby Control hat eine Petition gestartet und fordert, dass Google offenlegt, welche Organisationen und Denkfabriken der Internet-Konzern in Europa unterstützt. Die gemeinnützige Organisation befürchtet, dass im Digitalisierungsdruck auf viele Lebensbereiche und im Zuge der Neuregulierung der Digitalwirtschaft Konzerne Entscheidungen verdeckt beeinflussen. Deshalb verlangen sie die Offenlegung ihrer Lobby-Netzwerke. Google verweigert bisher eine solche Offenlegung.

Die Petition können Sie bei Lobby Control einsehen und unterzeichnen:
https://www.lobbycontrol.de/2020/06/googles-lobbynetzwerk-aufdecken/?pk_source=nl&pk_campaign=20200608

 

Fabrice Braun erforscht in seinem Artikel in der SZ, warum die Dominanz einer einzigen Suchmaschine Experten Sorgen bereitet und stellt unter anderem auch die Arbeit der Open Search Foundation vor.

„Union der Rechenzentren – Quaero, Qwant und Cliqz scheiterten. Nun will eine neue Initiative von Wissenschaftlern das Monopol von Google bei der Internet-Suche brechen – denn das ist durchaus problematisch.”

Der komplette Artikel von Fabrice Braun bei SZplus:
https://www.sueddeutsche.de/medien/europa-will-sich-im-netz-emanizipieren-union-der-rechenzentren-1.4916104?reduced=true

„Daimler-Vorstand: Europäische Cloud wichtiger als Raumfahrtprogramm2

„Daimler-Personalvorstand Wilfried Porth fordert rasche Investitionen zum Aufbau einer europäischen Daten-Infrastruktur als Alternative zu Diensten aus den USA und China.“

Der komplette Artikel auf https://t3n.de/news/daimler-vorstand-europaeische-1226298/

Die Zeitschrift T3N unterzieht 30 Suchmaschinen einem Kurztest.

Wei vielfältig der Markt der Suchmaschinen ist, zeigen die Kurzporträts im Magain T3N. Die Suchmaschinen werden mit ihren Spezialgebieten vorgestellt. Bewertet wird unter anderem der Datenschutz oder ob man mit der Nutzung der Suchmaschine gleichzeitig etwas Gutes tun kann. Suchaschinen mit Länderschwerpunkten oder Suchmaschinen für Kindern präsentieren die Autoren ebenso wie Suchmaschinen, die sich auf Geräusche, Bilder, Backlinks, Internetforen, Peer-2-Peer oder Bücher konzentrieren. Der Artikel zeigt: Es gibt viele Suchmaschinen, die ihren Dienst auf bestimmten Gebieten besser verrichten als der Gigant mit fast 100 Prozent Marktanteil. Es muss also nicht immer „googeln“ heißen – warum nicht Chrunchbasen, Finn fragen, Blinde Kuh spielen oder Qwanten?

Das ganze Interview in der Sendung “Zündfunk” von Bayern 2: “Die europäische Antwort auf Google”:

https://t3n.de/news/google-alternative-474551/

„Der Suchmaschinenkonzern Google ändert die Standardanzeige von Suchergebnissen europäischer Medien in Frankreich. Um mehr als die Überschrift anzeigen zu lassen, müssen Websites die Meta-Tags für Suchmaschinen ändern. Lizenzgebühren will der Konzern trotz Leistungsschutzrecht nicht zahlen.“

Der komplette Artikel auf https://t3n.de/news/google-zeigt-frankreich-nur-noch-1201574/

„Auf Druck der EU schlägt Android dem Nutzer künftig alternative Suchmaschinen vor – wenn die Anbieter dafür Geld an Google zahlen. Ecosia, Qwant und andere wollen sich das nicht gefallen lassen.“

Der komplette Artikel von Anton Weste auf https://perspective-daily.de/article/892/EWOh5Npg?%3Fpk_campaign=FBcold&pk_source=FB&pk_content=892&fbclid=IwAR0A5KpBWc5GvAtmuxvnnmLMQPSIxBk9gzriR6PmZqqk8M7qhWhDLg5Fhow