Google’s Entscheidung, die Nutzung seiner KI in Waffensystemen nicht mehr ausdrücklich auszuschließen, wirft zu Recht die Frage auf, was freiwillige Versprechungen und Prinzipien von Unternehmen überhaupt wert sind.
Die Welt spielt verrückt! Zu diesem Fazit dürften Beobachter der jüngsten politischen Paukenschläge kommen. Bei der Münchner Sicherheitskonferenz zeigte sich, dass Stabilitätsanker der vergangenen Jahrzehnte, wie das transatlantische NATO-Bündnis, bald nur nostalgische Vergangenheit sein könnten. Die Welt befindet sich im Umbruch. Und es sind wenige Personen, die mit ihrer Macht den gesellschaftlichen und politischen Wandel gestalten. Gut ins Bild passt da Google’s Änderung der KI-Prinzipien: Der Konzern ermöglicht nunmehr eine Nutzung der firmeneigenen Künstlichen Intelligenz für Waffensysteme. Eine solche Nutzung war zuvor noch explizit ausgeschlossen. In der technokratischen Welt von heute prägen die Chefs großer Digitalkonzerne den politischen Diskurs. Elon Musk etwa hat sich durch Geld und geschickte Manöver das Vertrauen Donald Trumps gesichert. Im Namen des US-Präsidenten krempelt er nun die amerikanische Exekutive um und trifft in rasendem Tempo Entscheidungen, die gravierende Folgen für Menschen auf der ganzen Welt haben, etwa wenn Musk Entwicklungshilfe von einem Tag auf den anderen einstellen lässt. Sprechen Autoren von einem „AI Coup“, ist das keine Schwarzmalerei.
Google’s Entscheidung, die Nutzung seiner KI in Waffensystemen nicht mehr ausdrücklich auszuschließen, wirft zu Recht die Frage auf, was freiwillige Versprechungen und Prinzipien von Unternehmen überhaupt wert sind. Klar ist: Es ist Google unbelassen, seine KI im Rahmen der geltenden Gesetze auch für die Entwicklung und den Betrieb von Waffen einzusetzen. Der Umschwung Google’s verdeutlicht jedoch auch, dass Unternehmen ethische Bedenken bereitwillig über Board werfen, sofern sie sich davon wirtschaftliche Vorteile erhoffen. Das heißt natürlich nicht, dass ethische Commitments von Großkonzernen eine reine Marketing-Maßnahme wären. Es gibt viele Unternehmen, die ihre ethische und moralische Verantwortung bei der Entwicklung Künstlicher Intelligenz ernst nehmen und mit gutem Beispiel voran gehen. Doch gerade bei sensiblen neuen Technologien, die unsere Gesellschaft ohne Zweifel umpflügen werden, sollte die Einhaltung ethischer Mindeststandards nicht kommerziellen Akteuren zur freien Entscheidung überlassen werden. Stattdessen müssen ethische Standards über alle Branchen und Unternehmen hinweg sichergestellt sein – durch verbindliche Regulierung. Ob sich die EU-KI-Verordnung dafür als geeignetes Mittel erweisen wird, steht noch in den Sternen.
Die Causa Musk in den USA zeigt bereits heute: Haben Tech-Giganten zu viel Macht, ist kein demokratisches System vor ihnen sicher. Das gilt nicht nur für die USA, sondern genauso für Europa. Die Schwergewichte der digitalen Welt beeinflussen bereits jetzt in erheblicher Weise Gesetzgebungsprozesse. Allein Meta beschäftigt aktuell mehr als 40 Lobbyisten in Brüssel. Möchten die Europäerinnen und Europäer verhindern, dass Unternehmen rücksichtslos ihre eigenen Interessen durchsetzen, führt kein Weg vorbei an mehr Vielfalt im digitalen Raum. Um die Vielfalt und Fairness auf digitalen Märkten zu stärken, hat der europäische Gesetzgeber den Digital Markets Act (DMA) erlassen. Diese Regulierungsoffensive ist ein wichtiger Baustein, reicht aber alleine nicht aus, um Europas Bürger, Forschung und Wirtschaft vor Monopolisten im digitalen Raum zu schützen. Vielmehr braucht es europäische Lösungen, die Wirtschaft und Wissenschaft uneingeschränkt zur Verfügung stehen, um Europa konkurrenzfähig zu halten und Innovation zu ermöglichen.
In unserer neuen Rubrik „Meine Meinung“ stellen wir Kommentare und Meinungen aus dem Open Search Foundation Team bereit. Zum Auftakt kommentierte Leopold Beer – rechtswissenschaftlicher Mitarbeiter im PriDI-Projekt – die Entscheidung von Google, eigene KI Anwendungen künftig auch für Waffenentwicklung bereit zu stellen.
Die Open Search Foundation aus Starnberg koordiniert eine europäische Initiative, die das Internet gerechter und transparenter machen will. Nun hat sie dafür einen Preis in der Kategorie „Verantwortungsvolle Innovationen“ gewonnen, titelt der Starnberger Merkur.
Der Corporate Digital Responsibility Award wird jährlich vom Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) und der Bayern Innovativ GmbH für wegweisende digitale Projekte vergeben. Tobias Gmach vom Starnberger Merkur sprach mit OSF-Vorstandsmitglied Stefan Voigt über die Auszeichnung und über die aktuellen Entwicklungen in der Vereinsarbeit.
Den Artikel können Sie unter folgendem Link abrufen: https://www.merkur.de/lokales/starnberg/starnberg-ort29487/sie-wollen-das-internet-gerechter-machen-preis-fuer-starnberger-netz-revolutionaere-93564190.html
ZDF berichtet über OpenWebSearch.eu und die Vision einer offenen Websuche
„Ein europäischer Zusammenschluss fordert Google heraus: Ein freier Index soll endlich für Vielfalt auf dem Suchmarkt sorgen. Ein Verein in Bayern spielt dabei eine Schlüsselrolle.“ – Das ZDF widmet sich in einem aktuellen Beitrag der Open Search Foundation und dem von der EU geförderten Projekt OpenWebSearch.eu, das eine unabhängige, europäische Suchinfrastruktur aufbaut. „Suchmaschinen entscheiden darüber, welche Inhalte sichtbar sind und wie sich Nutzer-, Daten- und Zahlungsströme bewegen“, wird Dr. Stefan Voigt, Vorstand der Open Search Foundation, zitiert. „Es kann nicht sein, dass nur ein Unternehmen diese Schlüssel-Infrastruktur der digitalen Welt dominiert.“
Der Beitrag erläutert die Hintergründe der Arbeit der Open Search Foundation und des Horizont-Europa-Projekts, dessen Ziel es ist, einen freien, gemeinschaftlich nutzbaren Suchindex zu bauen, der neue, vielfältige Suchmaschinenmodelle ermöglicht – etwa für Wissenschaft, Journalismus oder regionale Inhalte – oder auch als Datenpool für KI-Modelle dienen kann. Unterstützt wird das Vorhaben von 14 europäischen Partnern aus Forschung und Gesellschaft, darunter das Leibniz-Rechenzentrum in München und das CERN in Genf. Die EU fördert das Projekt mit 8,5 Millionen Euro.
Das diesjährige #ossym24 findet am Leibniz-Rechenzentrum in Garching bei München in einem hybriden Format statt: mit 100 Plätzen vor Ort und zudem online.
Die Anmeldung über unseren Partner CERN ist ab sofort möglich. Wenn Sie sich anmelden, wartet folgendes Programm auf Sie:
Expert:innen zu Internetsuche und KI aus ganz Europa kommen zusammen
Von 9. bis 11. Oktober 2024 wird das #ossym wieder Expert:innen aus den Bereichen der Forschung, Datenanalyse, Informatik und Ethik, aber auch Technologieunternehmen, politische Entscheidungsträger:innen, Jurist:innen und die Gesellschaft zusammenbringen. Das sechste Internationale Open Search Symposium bietet ein Forum, um Ideen und Konzepte der offenen Internetsuche zu diskutieren und voranzutreiben. Der Schwerpunkt liegt dabei auf künstlicher Intelligenz (KI), Suchanwendungen und -technologien, rechtlichen und ethischen Aspekten der offenen Websuche sowie dem Thema Wiki/Kuratierung.
Keynotes zu ethischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Fragestellungen im Digitalen Informations-Zeitalter
Roberto Viola ist Generaldirektor für Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien bei der Europäischen Kommission. Er wird über die Bedeutung der offenen Websuche und das Streben nach digitaler Souveränität in Europa sprechen. Bestsellerautor, Medienwissenschaftler und Universitätsdozent Dr. Martin Andree spricht über „Das Internet der Monopole. Wie wir uns das Netz zurückholen“. Richard Socher, CEO von You.com, wird die innovative, KI-gestützte Suchmaschine vorstellen, die bereits vor ChatGPT LLMs implementierte.
#ossym24 Research Sessions zu den Themen „Preprocessing und ML für die Suche“ sowie „LLMs, RAG und NER“
Zwei parallel laufende Veranstaltungsreihen beleuchten neueste Erkenntnisse aus Studien und wissenschaftlichen Veröffentlichungen rund um Retrieval Augmented Generation und Scientific Knowledge Graphs für wissenschaftliche Zwecke, Scientific Summary Creation durch LLMs, Grammar Rules für Textgeneration und mehr.
Wissenschaftliche Tracks rund um OpenWebSearch.eu
Die Forschungsveranstaltungen des Symposiums befassen sich auch mit einem niedrigschwelligen Ansatz für Crawling, OWLer für verteiltes und kollaboratives Open Web Crawling, verteilte Dateninfrastruktur für Open Web Search und Einblicke in Open Console.
Information and Registrierung
Das #ossym24 wird vom 9. bis 11. Oktober im Leibniz-Rechenzentrum in Garching bei München stattfinden – in Präsenz und online. Die Teilnahme ist kostenlos, es stehen allerdings nur 100 Plätze vor Ort zur Verfügung.
Alle Informationen zur Anmeldung finden Sie unter: https://opensearchfoundation.org/en/events-osf/ossym24/
Die Open Search Foundation e. V. ist eine europäische Bewegung, die die Grundlage für einen unabhängigen, freien und selbstbestimmten Zugang zu Informationen im Internet schafft. In Kooperation mit Forschungseinrichtungen, Rechenzentren und weiteren Partnern setzen wir uns ein für eine Websuche, die allen zugute kommt. Ganz nach dem Motto: „Together for a better net“.
Kontakt
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Open Search Foundation e.V. – OSF
Christine Plote
„Google kennt Dich: Über Suchmaschinen, Privatsphäre und wie man es besser machen kann“
Am 15. Januar 2024 hält Christine Plote – Vorstand bei osf – einen Vortrag im das ottto in Neuburg. Es wird um die Suchmaschine mit den bunten Buchstaben gehen und die Folgen einer Marktmacht, die keinesgleichen kennt.
65.000 Suchanfragen werden pro Sekunde an Google gestellt; damit ist Google seit Jahrzehnten die erfolgreichste Suchmaschine der Welt. Sie hat einen Marktanteil von ca. 83 Prozent. Die 1998 in Kalifornien gegründete Firma bietet jedoch noch weitere Services und Produkte, etwa Google Maps, Google Classroom oder Youtube. Im September 2023 begann in den USA ein Kartellprozess gegen Alphabet, dem Mutterkonzern, mit dem Vorwurf, seine Marktmacht zu missbrauchen.
Welche Folgen hat solch eine Situation für uns als demokratische Gesellschaft und als Individuen? Christine Plote zeigt Möglichkeiten auf, zumindest ein Stück weit dem „Google Imperium“ zu entkommen. Darüber hinaus stellt sie die Ideen der Open Search Foundation vor, deren Ziel es ist, das Internet der Ur-Idee „eines demokratischen und transparenten“ Kommunikationsraums wieder näher zu bringen.
Save the Date: 15. Januar, 18.30 Uhr im Kreativraum das otto in Neuburg und online.
➡️ Hier geht es zur Anmeldung für die Vor-Ort und Online Teilnahme: https://easyverein.com/public/DasOtto/calendar/180612648
Über das otto – Der Kreativraum in Neuburg e.V.:
das Otto e.V. ist ein gemeinnütiger Verein, der die Themen Technik + Bildung verbindet und viele Veranstaltungen dazu anbietet. Mehr über den Verein: https://das-otto-neuburg.de/Unser-Ziel/index.php

Open Search Foundation e.V.
Die Open Search Foundation e.V. ist eine europäische Bewegung von Menschen und Organisationen, die gemeinsam die Grundlagen für einen unabhängigen, freien und selbstbestimmten Zugang zu Informationen im Internet schaffen. In Kooperation mit Forschungseinrichtungen, Rechenzentren und weiteren Partnern setzen wir uns ein für eine Websuche, die allen zugute kommt. Die Förderung der Forschung im Bereich Suchmaschinen, Aufklärung und Kooperation bilden die Säulen unserer Arbeit.
