Im Oktober fand in Frankfurt der alljährliche Digitalgipfel des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr statt. Rund 1500 Teilnehmer:innen diskutierten an zwei Tagen in Panels, Workshops und Fishbowl-Formaten über die Zukunft im digitalen Raum. – Es gab spannende Impulse für Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und viele andere.

Als Open Search Foundation moderierten wir eine Paneldiskussion zum Thema „Suchmaschinen, Demokratie und digitale Souveränität: Wie KI und offene Daten die Internetsuche verändern“. Unsere Panelist:innen Daphne Auer (Common Grounds), Martin Potthast (University of Kassel), Christian Kroll (Ecosia), und Armand Zorn (Mitglied im Deutschen Bundestag) wurden zu aktuellen Problemen der bestehenden digitalen Such-Infrastrukturen, möglichen Entwicklungen und Lösungsansätzen befragt.

Von l.n.r.: Stefan Voigt (OSF), Daphne Auer (Common Grounds Forum), Christian Kroll (Ecosia), Armand Zorn (Mitglied des Deutschen Bundestages)

Von l.n.r.: Stefan Voigt (OSF), Daphne Auer (Common Grounds Forum), Christian Kroll (Ecosia), Armand Zorn (Mitglied des Deutschen Bundestages)

Von Bias, Abhängigkeiten und grundlegender Regulierung

Den Auftakt machte Daphne Auer mit einem Umriss der Kernproblematik in der Suche: Bias.
„Wenn ich etwas suche, habe ich eine Wissenslücke. Die möchte ich schließen und zwar am besten schnell. Die meisten von uns nutzen dafür im Alltag die ersten ein bis drei Suchergebnisse. Aber wie objektiv sind diese Ergebnisse? Warum sollte die richtige Antwort in den ersten drei Ergebnissen korrekt repräsentiert sein? Welchen Bias haben die Ergebnisse? Westlichen Bias? Kommerziellen Bias?“ – mit diesen Worten richtete sich die Informatikerin an das Publikum.  Als konkretes Beispiel für die Relevanz vorsortierter Ergebnisse, führte sie die Ranking Positionen von Menschenrechtsaspekten im Zuge der Fußball WM 2022 in Quatar auf. Von Land zu Land erschien diese Thematik in den Suchmaschinen an verschiedenen Positionen. Ihre Schlussfolgerung: Ergebnisse in Suchmaschinen seien eher als Empfehlungssysteme und weniger als vollumfängliche Antworten zu verstehen.

Martin Potthast fokussierte sich mitunter auf die Wichtigkeit offener Daten, die für mehr Vielfalt und maßgeschneiderte Angebote im Such-Markt sorgen könnten und zudem als Basis für die Entwicklung europäischer Large Language Modelle dienen sollten. Der im OpenWebSearch.eu Forschungsprojekt entstehende Prototyp eines offenen Web Index – einer Art Katalogisierung von Webdaten – fungiere dabei als erster Schritt.

Die Abhängigkeit Europas von Amerikanischen Digitalgiganten brachte Christian Kroll in den Vordergrund. Er hypothetisierte: Sollte sich aufgrund von politischen Änderungen die USA dazu entscheiden, Europa von den Suchindizes der Anbieter Google und Bing abzuschneiden, so wäre Europa überspitzt gesagt wieder auf Bibliotheken und Telefonbücher angewiesen. Die fehlende digitale Souveränität habe vielerlei Auswirkungen auf Bereiche wie Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft.

Armand Zorn betonte in dem Zuge die Wichtigkeit von Regulierungen wie es der Digital Markets Act und der Data Act aktuell in Europa vorsehen. Eine kluge Regulierung sei hierbei essentiell. Grundsätzlich ginge es um eine Balance von Möglichkeiten neuer Modelle im Markt auf Basis von Mindest­anforderungen, die für Objektivität und Fairness im Suchmarkt sorgen sollten. Aber auch die Aufklärung von Nutzenden sei elementar wichtig und müsse schon in Schulen beginnen. Bewusste Nutzer:innen könnten die teils undurchsichtigen Einflüsse von Informationen besser einordnen und zielführend verwerten.

Personalisierung und Vielfalt im Einklang mit Standardanforderungen

Daphne Auers Wunsch für die Zukunft der Suche bezieht personalisierte Suchergebnisse, einen Blick über den eigene Filter-Tellerrand hinaus und den Schutz von persönlichen Daten durch Anonymisierung ein. Sie bekundete ihre Hoffnung auf „mehr Brücken, weniger Polarisierung“ durch mehr sichtbare Diversität bei der Teilhabe an digitalen Dialogen sowie durch Peer-Review ähnliche Verifizierungsansätze von Inhalten, die gewisse Perspektiven spiegeln.

Auch Martin Potthast schien das Herauszoomen aus der sogenannten Filter-Bubble ein Anliegen. Er sprach die Problematik der direkten Antwort an, die zumeist eine schnelle, aber wenig differenzierte Lösung auf Fragestellungen bietet. Insbesondere durch Werkzeuge wie KI-Chatbots werden die Filterklappen künftig mutmaßlich noch enger; insbesondere wenn keine Chat-Literacy besteht. Das heißt, wer nicht richtig zu fragen weiß, wird mit schnellen, aber wenig durchleuchteten Ergebnissen einen eingeschränkten Horizont haben.

Armand Zorn sprach im Gegenzug auch die Zersplitterung der Gesellschaft durch Confirmation Bias an. Personalisierte Suche als wichtiger Teil des digitalen Alltags, aber ohne Realitätsverlust. Die Gefahr sei es, dass sich Menschen ihre eigenen Wahrheiten stricken könnten. Hier gelte es, künftig so zu regulieren, dass eine gesunde Balance aus persönlicher Freiheit und objektiver Wahrheit gewahrt wird.

Die Diskussion kann über den Youtube Kanal des Bundesministeriums gestreamt werden (Start bei Zeitmarke: 5.31 Stunden):

 

3 Tage, 120 Teilnehmer, 4 Keynotes, 11 Sessions, 2 Workshops …

Experten aus Forschung, Wirtschaft, NGOs, Tech und Zivilgesellschaft bearbeiten die Fragestellungen der sicheren, europäischen Websuche von morgen.

·      Open Search Community trifft sich vom 9. bis 11. Oktober am Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) in Garching

·      Prominente Keynote Speaker zeigen Wege zur digitalen Souveränität auf

·      Workshops und Panels bieten Möglichkeiten zum Mitmachen und Mitdiskutieren

Das 6. Internationale Open Search Symposium #ossym24 lädt vom 9. bis 11. Oktober 2024 am Leibniz-Rechenzentrum der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (BAdW) in Garching dazu ein, Ideen und Konzepte der offenen Websuche zu diskutieren und voranzutreiben. Seit seinem Start im Jahr 2019 bietet das #ossym jährlich ein Forum, das die unterschiedlichen Akteure in der Open Search Community zusammenbringt. Der thematische Schwerpunkt liegt in diesem Jahr auf Künstlicher Intelligenz (KI), Suchanwendungen und -technologien sowie den rechtlichen, wirtschaftlichen und ethischen Aspekten der offenen Websuche. Ebenfalls auf der Agenda: Strategien zum Kuratieren von Inhalten und der Aufbau von Engagement für ein gemeinschaftliches Internet.

Namhafte Keynote Speaker geben Impulse zu ethischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Fragestellungen

Fünf Speaker werden mit ihren Beiträgen zu brandaktuellen Fragen im digitalen Informations-Zeitalter Themen setzen und zur Diskussion anregen:

Florian Herrmann, Leiter der Bayerischen Staatskanzlei und Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien, eröffnet die Veranstaltung am 9. Oktober mit einem persönlichen Grußwort.

Roberto Viola ist Generaldirektor für Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien bei der Europäischen Kommission. Er kommentiert die große Bedeutung der offenen Websuche und das Streben nach digitaler Souveränität in Europa.

Martin Andree, Bestsellerautor („BIG TECH muss weg!“) und Medienwissenschaftler, gibt in seinem Vortrag „Das Internet der Monopole. Wie wir uns das Netz zurückholen“ wichtige Denkanstöße zur Thematik Internetsuche und Demokratie.

Nina Leseberg, Head of Communities & Engagement bei Wikimedia Deutschland, teilt Einblicke in die spannende Welt der community-basierten Kuratierung und Qualitätssicherung von Wikipedia-Einträgen.

Richard Socher, CEO von You.com, zeigt, wie Künstliche Intelligenz Suchmaschinen – und damit auch unseren Alltag – verändert.

Viele Akteure, mehrere Tracks, ein Forum

Mehrere Vortragsreihen innerhalb des Science Tracks beleuchten die Themen

  • Crawling und die Infrastruktur,
  • neue Suchanwendungen und Technologien,
  • Data Pre-Processing und maschinelles Lernen für die Suche sowie
  • Large Language Models (LLMs) und Retrieval Augmented Generation (RAG).

Der Industry Track ist den alternativen Suchmaschinen und neuen Geschäftsmodellen für das Auffinden von Informationen im Internet gewidmet.
Diverse Sessions und Workshops greifen weitere ethische, rechtliche und technische Fragestellungen über verschiedene Aspekte der Internet-Nutzung sowie der Digitalisierung auf.

Stimmen der Veranstalter

„Wir freuen uns auf die Open Search Community und viele neue Anstöße für eine bessere Internetsuche und -nutzung. Als Host des #ossym und langjähriger Unterstützer von Open Search stehen wir voll und ganz hinter transparenten Technologien, einer offenen Internetsuche und Wissenschaft sowie demokratischen Werten – denn das eine kann es ohne das andere nicht geben.“

Dieter Kranzlmüller, Leiter des Leibniz-Rechenzentrums

„Die Suche im Internet ist häufig der erste Schritt auf dem Weg zur Informationsbeschaffung und damit Voraussetzung, um sich eine Meinung zu bilden. Dieser zentrale Vorgang darf nicht von einigen wenigen Tech-Unternehmen kontrolliert werden. Wir glauben daran, dass der Zugang zu Informationen offen und transparent sein muss – und damit sind wir nicht allein. Das Open Search Symposium ist ein Forum für alle Vorreiter:innen und Verfechter:innen der freien Internetsuche. Gemeinsam können wir etwas ändern und wer dabei sein möchte, kommt zum #ossym.“

Stefan Voigt, Vorstand der Open Search Foundation e.V.

Information und Registrierung

Veranstalter des #ossym24 ist die Open Search Foundation in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) der BAdW. Das Symposium findet im hybriden Format in Präsenz und online statt, eine Anmeldung ist notwendig. Die Teilnahme für beide Varianten ist kostenlos. Für die Teilnahme vor Ort am Leibniz-Rechenzentrum in Garching bei München stehen 100 Plätze zur Verfügung. Informationen zur Anmeldung finden Sie unter: https://opensearchfoundation.org/en/events-osf/ossym24/

Über das LRZ
Das Leibniz-Rechenzentrum der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ist seit über 60 Jahren der kompetente IT-Partner der Münchner Universitäten und Hochschulen sowie wissenschaftlicher Einrichtungen in Bayern, Deutschland und Europa. Es bietet die komplette Bandbreite an IT-Dienstleistungen und -Technologie sowie Beratung und Support – von E-Mail, Webserver, bis hin zu Internetzugang, virtuellen Maschinen, Cloud-Lösungen und dem Münchner Wissenschaftsnetz (MWN). Mit dem Höchstleistungsrechner SuperMUC-NG gehört das LRZ zu den international führenden Supercomputing-Zentren und widmet sich im Bereich Future Computing schwerpunktmäßig neu aufkommenden Technologien, Künstlicher Intelligenz und Machine Learning sowie Quantencomputing.

Über die Open Search Foundation
Die Open Search Foundation e.V. ist eine europäische Bewegung, die die Grundlage für einen unabhängigen, freien und selbstbestimmten Zugang zu Informationen im Internet schafft. In Kooperation mit Forschungseinrichtungen, Rechenzentren und weiteren Partnern setzen wir uns ein für eine Websuche, die allen zugutekommt. Ganz nach dem Motto: „Together for a better net“.

 

Kontakt

Leibniz Rechenzentrum

Sabrina Schulte

 

Open Search Foundation e.V.

Stefan Voigt

Der Sommer ist noch nicht vorbei, aber wir bereiten bereits eine Reihe interessanter Veranstaltungen vor, auf die ihr euch in diesem Herbst und Winter freuen könnt!

  •  #FWSD24 – Der FreeWebSearchDay geht in sein zweites Jahr mit spannenden interaktiven Aktionen und Veranstaltungen, die am 29. September und in den Tagen und Wochen danach stattfinden.
    ➡ Mehr Informationen wie ein jeder diesen besonderen Tag unterstützen kann https://freewebsearch.org/
  •  Im Rahmen des FreeWebSearchDay bieten wir in Zusammenarbeit mit Mücke Roth & Company und der BMW Foundation Herbert Quandt am 30. September eine Online-Präsentation an. Das Thema: Eine umfassende Studie zum Marktpotenzial von Open Web Seach in Europa. Die Studie ist Teil des Third-Party-Community-Programms des EU Projekts OpenWebSearch.EU.
  •  #ossym24 – Das 6. internationale Open Search Symposium findet vom 9. bis 11. Oktober im Leibniz-Rechenzentrum bei München statt. Zu den Referenten gehören Roberto Viola – Generaldirektor, Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologie, Europäische Kommission , Dr. Martin Andree – Medienwissenschaftler und Bestsellerautor und Richard Socher – CEO bei you.com.
    Die Teilnahme ist kostenlos, und es stehen 100 Plätze vor Ort zur Verfügung. Die hybride Veranstaltung wird auch gestreamt.
    ➡ Alle Infos und Anmeldelink: https://opensearchfoundation.org/events-d/ossym2024-d/
  •  Unser PriDI-Team wird sich mit einer Session zum Thema Grundrechte im Kontext eines Open Web Indexes aktiv an der diesjährigen Plattform Privatheit Jahreskonferenz am 17. und 18. Oktober in Berlin beteiligen.
    ➡ Das Programm finden ist hier zu finden: https://plattform-privatheit.de/p-prv/jahreskonferenzen/jahreskonferenz-2024.php
  • Nicht zuletzt veranstalten wir im November dieses Jahres in Berlin eine Ethics in Search-Veranstaltung mit Ergebnissen aus unserer gleichnamigen Arbeitsgruppe. Weitere Informationen werden folgen in Kürze.

📍Und wer keine weiteren Events verpassen möchte, kann sich hier für unseren Event Newsletter eintragen.

Das diesjährige #ossym24 findet am Leibniz-Rechenzentrum in Garching bei München in einem hybriden Format statt: mit 100 Plätzen vor Ort und zudem online.
Die Anmeldung über unseren Partner CERN ist ab sofort möglich. Wenn Sie sich anmelden, wartet folgendes Programm auf Sie:

Expert:innen zu Internetsuche und KI aus ganz Europa kommen zusammen

Von 9. bis 11. Oktober 2024 wird das #ossym wieder Expert:innen aus den Bereichen der Forschung, Datenanalyse, Informatik und Ethik, aber auch Technologieunternehmen, politische Entscheidungsträger:innen, Jurist:innen und die Gesellschaft zusammenbringen. Das sechste Internationale Open Search Symposium bietet ein Forum, um Ideen und Konzepte der offenen Internetsuche zu diskutieren und voranzutreiben. Der Schwerpunkt liegt dabei auf künstlicher Intelligenz (KI), Suchanwendungen und -technologien, rechtlichen und ethischen Aspekten der offenen Websuche sowie dem Thema Wiki/Kuratierung.

Keynotes zu ethischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Fragestellungen im Digitalen Informations-Zeitalter

Roberto Viola ist Generaldirektor für Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien bei der Europäischen Kommission. Er wird über die Bedeutung der offenen Websuche und das Streben nach digitaler Souveränität in Europa sprechen. 
Bestsellerautor, Medienwissenschaftler und Universitätsdozent Dr. Martin Andree spricht über „Das Internet der Monopole. Wie wir uns das Netz zurückholen“. Richard Socher, CEO von You.com, wird die innovative, KI-gestützte Suchmaschine vorstellen, die bereits vor ChatGPT LLMs implementierte.

#ossym24 Research Sessions zu den Themen „Preprocessing und ML für die Suche“ sowie „LLMs, RAG und NER“

Zwei parallel laufende Veranstaltungsreihen beleuchten neueste Erkenntnisse aus Studien und wissenschaftlichen Veröffentlichungen rund um Retrieval Augmented Generation und Scientific Knowledge Graphs für wissenschaftliche Zwecke, Scientific Summary Creation durch LLMs, Grammar Rules für Textgeneration und mehr.

Wissenschaftliche Tracks rund um OpenWebSearch.eu

Die Forschungsveranstaltungen des Symposiums befassen sich auch mit einem niedrigschwelligen Ansatz für Crawling, OWLer für verteiltes und kollaboratives Open Web Crawling, verteilte Dateninfrastruktur für Open Web Search und Einblicke in Open Console.

Information and Registrierung

Das #ossym24 wird vom 9. bis 11. Oktober im Leibniz-Rechenzentrum in Garching bei München stattfinden – in Präsenz und online. Die Teilnahme ist kostenlos, es stehen allerdings nur 100 Plätze vor Ort zur Verfügung.

Alle Informationen zur Anmeldung finden Sie unter: https://opensearchfoundation.org/en/events-osf/ossym24/

 

Die Open Search Foundation e. V. ist eine europäische Bewegung, die die Grundlage für einen unabhängigen, freien und selbstbestimmten Zugang zu Informationen im Internet schafft. In Kooperation mit Forschungseinrichtungen, Rechenzentren und weiteren Partnern setzen wir uns ein für eine Websuche, die allen zugute kommt.
 Ganz nach dem Motto: „Together for a better net“.

Kontakt
:
Open Search Foundation e.V. – OSF
Christine Plote