Auf dem diesjährigen NGI Forum in Brüssel spielte die Open Search Foundation eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Diskussion über offene Websuche und große Sprachmodelle (LLMs). Christine Plote, Mitbegründerin der Open Search Foundation, moderierte eine spannende Podiumsdiskussion, an der namhafte Experten aus Wissenschaft, Industrie und KI-Forschung teilnahmen. Die Podiumsdiskussion erörterte die Herausforderungen und Chancen der sich schnell entwickelnden Landschaft von KI-basierten Suchtechnologien, digitale Souveränität und die Rolle von Open-Source-Initiativen in Europa.
Die Herausforderungen der heutigen Forschungslandschaft
Eines der Hauptthemen der Podiumsdiskussion war die Dominanz einiger weniger Unternehmen auf dem Suchmaschinenmarkt. Michael Granitzer (Universität Passau) betonte die Bedeutung einer dezentralen Infrastruktur für die Websuche und plädierte für offene Webindizes, die es Nutzern ermöglichen, ihre eigenen Suchlösungen zu entwickeln. Isabell Claus (thinkers.ai) wies zudem darauf hin, dass bei den derzeitigen werbegetriebenen Geschäftsmodellen der Suche Engagement oft vor Relevanz gehe, was den Bedarf an transparenteren und nutzerzentrierten Alternativen noch dringlicher mache.
Digitale Souveränität und Datenvertrauen
Georg Rehm (DFKI) betonte, dass Europa digitale Souveränität schaffen müsse, indem es in unabhängige LLMs und KI-Modelle investiere. Europa verfüge zwar über das technologische Know-how und die Rechnerkapazitäten, der größte Engpass seien jedoch die Daten. Ein Großteil der europäischen Webdaten befinde sich in den Händen großer Technologieunternehmen, was das Potenzial für lokale KI-Innovationen einschränke. Alexandre Zapolsky (LINAGORA) schloss sich dieser Meinung an und betonte die Notwendigkeit europaweiter Initiativen zur Unterstützung von Open-Source-KI und Datenzugang in großem Maßstab.
Milena Sokolic (Trace Labs) fügte hinzu, dass die Gewährleistung von Vertrauen und Transparenz in der KI ebenso wichtig sei wie der Zugang zu Daten. Sie betonte die Notwendigkeit, die Datenverwaltung zu dezentralisieren und starke Governance-Strukturen einzurichten, um Fehlinformationen und Verzerrungen in KI-generierten Inhalten zu bekämpfen.
Die Rolle von Open Source und KMU bei der Entwicklung von KI
Die Podiumsteilnehmer waren sich einig, dass Open-Source-Initiativen und europäische KMU eine wesentliche Rolle bei der Förderung von Innovationen spielen. Während große Unternehmen die KI-Entwicklung dominieren, haben Open-Source-Communitys ihre Fähigkeit unter Beweis gestellt, schnell zu reagieren und wettbewerbsfähige Alternativen zu schaffen. Granitzer wies darauf hin, dass von der Gemeinschaft betriebene, quelloffene LLMs im vergangenen Jahr rasch entstanden seien, was beweise, dass Bottom-up-Innovation gedeihen können, wenn sie angemessen unterstützt werde. Claus betonte jedoch, dass Forschung allein nicht ausreiche – Europa müsse schnell handeln, um technologische Fortschritte in lebensfähige Unternehmen umzuwandeln, die im globalen Wettbewerb bestehen können.
Datensilos aufbrechen
Ein großes Hindernis für den Fortschritt der KI in Europa ist die Fragmentierung der Datenquellen über verschiedene Länder und Sektoren hinweg. Das Podium betonte die dringende Notwendigkeit, über Länder- und Projektgrenzen hinweg zusammenzuarbeiten, um strukturierte, zugängliche und vertrauenswürdige Daten zu gewährleisten. Allzu oft laufen wertvolle KI- und Forschungsprojekte parallel, ohne dass Ressourcen effektiv geteilt werden, was zu Reibungsverlusten und Ineffizienz führt. Die Schaffung eines einheitlichen europäischen Datenökosystems sei entscheidend, um diese Silos zu überwinden.
Die Zukunft von Suche und KI in Europa
Eine der drängendsten Fragen der Moderatorin war, ob traditionelle Suchmaschinen im Zeitalter von Large Language Models noch gebraucht würden. Granitzer machte einen wichtigen Unterschied: Suchmaschinen greifen auf bestehende Informationen zu, während LLMs neue Inhalte generieren. Während LLMs leistungsstarke Funktionen zur Verarbeitung natürlicher Sprache bieten, bringen sie auch Herausforderungen wie Fehlinformationen und Halluzinationen mit sich. Die Zukunft der Suche wird daher wahrscheinlich ein hybrider Ansatz sein, der traditionelle Suchmethoden mit KI-gestützten Verstehenswerkzeugen kombiniert.
Aufruf zum Handeln
Zum Abschluss der Podiumsdiskussion teilten die Redner ihre Vision für die Zukunft der offenen Suche und der KI in Europa:
- Schnelles und entschlossenes Handeln in großem Maßstab
- Förderung vertrauenswürdiger, dezentralisierter KI-Lösungen
- Mutige politische Maßnahmen, um private Investitionen anzuregen
- das Wachstum der Open-Source-Gemeinschaft fördern
- regulatorische und bürokratische Hindernisse für Forschende und Innovatoren abbauen
Die Diskussion machte deutlich, dass Europa das Potenzial hat, in den Bereichen KI und offene Websuche führend zu werden – wenn entschlossen gehandelt wird. Wie Christine Plote betonte, sind Zusammenarbeit, Offenheit und eine proaktive Politik entscheidend, um eine wettbewerbsfähige und vertrauenswürdige digitale Zukunft zu gewährleisten.
Sehen Sie die Podiumsdiskussion hier online.
Alle Keynotes, Impact-Präsentationen und Panels sind online verfügbar
Tag 1: https://ngiforum2023.eu/videos/plenaries-sessions-15-11/
Tag 2: https://ngiforum2023.eu/videos/plenaries-sessions-workshops-16-11/
NGI Impact Stories:
https://spaces.fundingbox.com/spaces/ngi-next-generation-internet-ngi-news-events/655f63014b8f8d23cf993957
Sechs Drittpartner haben sich dem EU-Forschungsprojekt OpenWebSearch.EU angeschlossen. Sie bringen neue technische, rechtliche und wirtschaftliche Themen in die Entwicklung einer europäischen Suchinfrastruktur für das Internet ein.
Starnberg, November 2023 – OpenWebSearch.EU hat sechs Drittpartner an Bord geholt, die in einer offenen Ausschreibung ausgewählt wurden. Mit dem großen Ziel, einen europäischen Open Web Index (OWI) zu realisieren, waren Forschungsstudien zu rechtlichen oder wirtschaftlichen Aspekten der offenen Suche gefragt sowie Konzepte für eine rechtskonforme Datenerfassung oder -verarbeitung, die auch gesellschaftliche Rahmenbedingungen berücksichtigen.
Die neuen Drittmittelpartner wurden aus 21 Einreichungen ausgewählt. Die Ausschreibung richtete sich insbesondere an kleine Unternehmen, Innovatoren, Forschende oder Forschungsteams. Sie sollen die bestehenden FuE-Aktivitäten des EU-Projekts erweitern und bereichern. Die ausgewählten Partner erhalten für ihre Beiträge Teilfinanzierungen in Höhe von jeweils 25.000 bis 120.000 Euro.
Weitere offene Ausschreibungen folgen im ersten Quartal 2024. Erfolgreiche Drittpartner werden in laufende und zukünftige Aktivitäten zur Forschung und Entwicklung des Open Web Index integriert.
Die neuen Projektpartner von OpenWebSearch.EU:
MRC – Bewertung des Marktpotenzials für OpenWebSearch.eu: Quantifizierung von Nutzen und Kosten der Skalierung der EU-Websuche
Für die Bewertung des Marktpotenzials eines Open Web Index bringt das Team von Mücke Roth & Company um Dr. Daniel Nowakowski seine Expertise ein. Es wird sowohl ökonomische als auch nicht-ökonomische Aspekte, einschließlich gesellschaftlicher, kultureller und ökologischer Dimensionen des Projekts bewerten.
Mücke Roth & Company ist eine in Deutschland ansässige Unternehmensberatung mit rund 50 Mitarbeitern und über 70 unabhängigen Branchenexpertinnen.
Weitere Informationen über das Projekt MRC
LISA – Ein rechtlicher Rahmen für die Entwicklung und den Betrieb eines offenen Websuchindexes (rechtliche, geistige Eigentums- und Cybersicherheitsaspekte)
Das Projekt zielt darauf ab, konkrete Leitlinien aus rechtlicher, sozialer und sicherheitstechnischer Perspektive zu liefern. Unter diesem Gesichtspunkt überschreitet das Projekt Grenzen – nicht nur in technologischer, sondern auch in rechtlicher Hinsicht.
Der Projektverantwortliche Prof. Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) ist Professor für Informationstechnologien an der Universität Oldenburg und leitet den Digital Law Hub an der Karl-Franzens-Universität Graz in Österreich.
Weitere Informationen über das Projekt LISA
OPEN CONSOLE – Open Console Implementierung
Für Regulierungen von Urheberrechten, Lizenzen und Missbrauchsmanagement braucht es ein Gefühl des Einverständnisses zwischen Datensammlern und -lieferanten. Gemeinsam verbessern die Mitwirkenden der Open Console die Verfügbarkeit und Qualität von Informationen über Websites und stärken so das Vertrauen der Nutzer:innen, dass ihre Daten sorgfältig und gemäß ihren Angaben verarbeitet werden.
„Die Open Console kann genutzt werden, um die Spielregeln zu vereinheitlichen: Teil der Open Console ist eine Alternative zu Google‘s Search Console. Sobald die Identität und die Eigentümerschaft einer Website nachgewiesen und Daten eingegeben sind, können alle Suchmaschinen diese Informationen über eine Website zentral abrufen“, erklärt Mark Overmeer von Markov Solutions – ein in den Niederlanden ansässiges Unternehmen, das von Mark Overmeer und Thao Phuong Nguyen betrieben wird.
Weitere Informationen über das Projekt Open Console
LOREN – Legal Open European Web Index
Das Projekt LOREN wird eine umfassende Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen und Vorgaben für den Aufbau und Betrieb eines offenen Webindex liefern. Es wird Einblicke in die rechtlichen Auswirkungen von Crawling, Datenspeicherung und -austausch sowie Empfehlungen für einen offenen Webindex geben, der im Einklang mit europäischen Gesetzen und Vorschriften steht.
Projektverantwortliche sind Paul C. Johannes, ein deutscher Rechtsanwalt mit Schwerpunkt IT-Recht, und Dr. Maxi Nebel, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Provet bei ITeG und geschäftsführende Partnerin bei DRBG in Deutschland.
Weitere Informationen über das Projekt LOREN
ALMASTIC – Bewertung rechtlicher Risiken und Eindämmung von Herausforderungen eines offenen Webindex
Mit dem Projekt ALMASTIC will Prof. Dr. Kai Erenli (Fachhochschule des BFI Wien) den Open Web Index rechtssicher machen, indem er dessen technische Aspekte – Erhebung, Speicherung, Verbreitung – einer rechtlichen Bewertung unterzieht. Ziel ist es, Hindernisse zu identifizieren und rechtliche Risiken im Rahmen der globalen Verbreitung des Open Web Index zu reduzieren.
Weitere Informationen über das Projekt ALMASTIC
LAW4OSAI – Lizenz-bewusstes Web Crawling für Open Search AI
Dr. Daniel Braun (Universität Twente), Dr. Bernhard Waltl (Liquid Legal Institute) und Balthasar Cevc (fingolex) haben sich im Rahmen des Projekts LAW4OSAI zusammengetan, um ein lizenzbewusstes Crawling von Webinhalten zu ermöglichen, indem sie Lizenzen für Inhalte automatisch identifizieren und abrufen. Ziel des Projekts ist die Schaffung einer offenen, nach Lizenzen gefilterten Websuche und vor allem die Entwicklung offener großer Sprachmodelle für die Suchtechnologie der nächsten Generation. Dazu gehören die dialoggestützte Suche oder die Bilderstellung, die die Rechte der Autoren und das Urheberrecht respektieren.
Weitere Informationen über das Projekt LAW4OSAI
Über das Projekt
Mit OpenWebSearch.EU fördert die EU erstmals ein Projekt, das die Websuche von morgen in Gang bringen soll. 14 Partnereinrichtungen – inklusive der Open Search Foundation (OSF) – starteten im September 2022. In den nächsten drei Jahren werden die Forscher:innen vor allem den Kern eines europäischen Open Web Index (OWI) erarbeiten. Das Projekt wird mit 8,5 Millionen Euro aus dem EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe (Vereinbarung Nr. 101070014) gefördert.
Über Horizont Europa
Horizont Europa ist das wichtigste Finanzierungsprogramm der EU für Forschung und Innovation. Es zielt darauf ab, eine wissens- und innovationsbasierte Gesellschaft sowie eine wettbewerbsfähige Wirtschaft aufzubauen und dabei eine nachhaltige Entwicklung zu fördern. Das Programm trägt zur Umsetzung der Leitlinien der Europäischen Kommission bei.
Förderhinweis
„Funded by the European Union. Views and opinions expressed are however those of the author(s) only and do not necessarily reflect those of the European Union or Horizon Europe. Neither the European Union nor the granting authority can be held responsible for them.“

Open Search Foundation e.V.
Die Open Search Foundation e.V. ist eine europäische Bewegung von Menschen und Organisationen, die gemeinsam die Grundlagen für einen unabhängigen, freien und selbstbestimmten Zugang zu Informationen im Internet schaffen. In Kooperation mit Forschungseinrichtungen, Rechenzentren und weiteren Partnern setzen wir uns ein für eine Websuche, die allen zugute kommt. Die Förderung der Forschung im Bereich Suchmaschinen, Aufklärung und Kooperation bilden die Säulen unserer Arbeit.
